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Oxfam Trailwalker 2011 – Ein Rückblick

Das Team vor dem Start

Der Oxfam Trailwalker ist geschafft. Zur Erinnerung: Linn, Sören, Stivi und ich – Emu – sind innerhalb eines 30-Stunden-Zeitfensters 100 km durch den Harz gelaufen, hervorragend unterstützt von Britta und Eva. Alles für einen guten Zweck.

Start und Ziel des Laufs war in Osterode und wie man dem Foto entnehmen kann, sind wir voller Zuversicht und bester Laune gestartet. Das haben wir uns so schnell auch nicht nehmen lassen. Die erste Etappe über 15,7 km (Anforderungsgrad 3 von 3!) sind wir in veritablen 3,5 Stunden gelaufen und auch die anschließenden 10 km waren kein Problem für uns.

Am zweiten Checkpoint trafen wir dann zum ersten mal auf unsere Supporterinnen, die uns mit einem köstlichen Nudelsalat überraschten. Hier wurde auch zum ersten mal die Situation der Füße in Augenschein genommen. Wenig überraschend, haben die zurück liegenden fast 26 km ihre Spuren hinterlassen. Es wurden also erste Blasenpflaster in Anspruch genommen, Fußnägel gekürzt und großzügig Hirschtalg extrem™ an die Füße geschmiert.

Und schon ging es weiter zur dritten Etappe – 12 km bei Anforderungsgrad 1. Es sollte sich aber schnell herausstellen, dass die brennende Sonne den Schwierigkeitsgrad unnötig erhöhte und die Etappe daher nicht der erwartete “Spaziergang” wurde. Was aber nicht bedeuten soll, dass wir uns über das Wetter beschweren wollen. Dieses war nämlich ausgezeichnet.

Anschließend folgte eine 14km-Etappe vom Anforderungsgrad “Mediu”". Spätestens hier begann nun jeder seine Füße, Knochen und Gelenke zu spüren. So war es denn auch eine schöne Überraschung, dass uns unsere zwei Supporterinnen am folgenden Checkpoint mit einem kleinen “Wellness-Bereich” erwarteten.

Die Iso-Matten lagen aus, Stullen waren geschmiert. Zusätzlich bot dieser Checkpoint Physiotherapeutinnen, die die geschundenen Leiber der Laufenden ehrenamtlich massierten. Ein großartiger Service, den ein Dreiviertel unseres Teams in Anspruch nahm, da hier die Beine und dort der Rücken Signale aussendeten, die auf Überanspruchung schließen lassen konnten.

Außerdem gab es an diesem Checkpoint Kartoffelsuppe, die mengenmäßig leider nicht für die Anzahl der Teilnehmenden ausgelegt war. Dadurch kam unser Team – so wie diverse andere – nur teilweise in den Genuss dieser stärkenden Mahlzeit. Ein ärgerliches Manko bei der ansonsten großartigen Betreuung an der Strecke durch die Veranstalter.

Während der Pause begann es zu dämmern. Es ging daher weiter zu den Nacht-Etappen – als erstes rund 16 km nach Wildemann, wo wir unsere Supporterinnen wiedertreffen sollten. Als wir dort angekommen sind, war es 1.15 Uhr in der Nacht, 67 km waren bisher geschafft und die Körper meldeten bei uns allen ganz eindeutig, dass nun genug gelaufen sei. Die Füße brannten, die Beine schmerzten und Stivi kämpfte zusätzlich mit lästigen Rückschmerzen.

Zum Glück war dies wieder einer der beiden Checkpoints, wo es warme Verpflegung und Physio gab. Gereicht wurden Nudeln mit Tomatensauce – dieses mal in adäquater Menge, so dass alle von etwas bekamen. Stivi ließ sich wieder den Rücken durchkneten und unsere Supporterinnen arrangierten unsere Iso-Matten zu einer kleinen Schlafstatt, wo wir unsere überbeanspruchten Leiber kurz ablegen konnten.

Als nächstes folgte die nächtliche Hammer-Etappe: 13,3 km bei Anforderungsgrad 3. Zu allem Überfluss war Sören übel, weshalb er ernsthafte Zweifel hegte, den Lauf fortsetzen zu können. Glücklicherweise diagnostizierte Britta hier blitzschnell Elektrolytemangel und verabreichte eine Salzbrezel. Nach bangen Minuten des Wartens verbesserte sich die Situation und Sören entschied sich dafür weiter zu laufen.

Wir starteten kurz nach zwei Uhr und es sollte 20 km zwischen dem nächsten Wiedertreffen mit unseren Supporterinnen liegen. Ich für meinen Teil konnte die Art meines Fortbewegens schon nicht mehr Wandern oder Laufen nennen, sondern eher “Staksen”. Die Beinmuskulatur war verhärtet und übersäuert, an ein gesundes Abrollen, wie es der Orthopäde predigt, war nicht mehr zu denken.

Außerdem manifestierte sich nun, was sich zuvor schon heraus kristallisiert hat – Linn war unsere “Hyperaktive” und rannte ständig vornweg, während wir nur ungläubig hinterher stapfen und darauf pochen konnten, dass – in der Theorie – der Langsamste im Team das Tempo angibt. Außerdem verdiente sich Sören zweifellos das “Berg-Trikot”: Ungeachtet körperlicher Verfallserscheinungen und dem Umstand, dass er im Team die kürzeste Schrittlänge hat, rannte er bergauf mit beachtlichem Tempo voran, wo ich – abermals ungläubig – wieder nur in erbärmlichem Tempo, schnaufend und keuchend hinterher stapfen konnte.

Nachdem die 13,3km–Etappe geschafft war, hing die Moral der Truppe ernsthaft durch. Stivi kämpfte mit seinen Rückenschmerzen und nervigen Sekundenschläfen während des Laufens und ich hatte ernsthafte Zweifel daran, dass wir es in 30 Stunden schaffen würden. Jeder Schritt schmerzte und obendrein mussten wir uns nun auch zwischen den Checkpoints hinsetzen um kurz auszuruhen – ein süßes Gift, da das “Anfahren” nach solchen Pausen extrem schmerzhaft war. Sobald man nicht mehr in Bewegung war, rostete man in Sekundenschnelle ein und musste mühsam in den Lauf zurück finden.

Zu allem Überfluss machte sich nun auch langsam der Schlafmangel mehr und mehr bemerkbar. Während man über eine grüne Wiese ging, dachte man die ganze Zeit daran, dass man sich auch einfach hinlegen und schlafen könnte. Später hatte man solche Gedanken sogar ungeachtet des Untergrundes – zum Ende hin hätte ich mich sogar auf einem Schotterweg abgelegt. Hauptsache Schlafen!

Um halb sieben am Morgen nach 85 km erreichten wir den vorletzten Checkpoint, wo wir unsere Supporterinnen wiedertrafen. Unser Zustand war miserabel und es zeigte sich ein weiteres mal, dass ein Checkpoint mit persönlichem Support sehr viel erbauender ist, als einer ohne. Wir wurden also herzlichst umhegt und aufgebaut. Außerdem wechselten Stivi und ich von unseren Trekking– zu Joggingschuhen (Linn hatte dies schon zuvor getan).

Ein Schachzug, der ungemein wirkungsvoll war, da nun die Beanspruchung der Füße innerhalb des Schuhs eine andere war und die Sohle von Joggingschuhen überdies viel besser gepolstert ist. Man hatte plötzlich das Gefühl, auf Moos zu gehen. Allerdings muss man dazu sagen, dass dieser Schritt wohl überlegt sein möchte, da Joggingschuhe die Füße weniger gut stützen und gerade im Dunkeln – bei Schlafmangel und daraus resultierender schlechter Konzentrationsfähigkeit – die Gefahr des Umknickens höher ist.

Zusätzlich haben wir die Wahrscheinlichkeit, noch innerhalb von 30 Stunden das Ziel zu erreichen, realistisch eingeschätzt und sind zu dem Schluss gekommen, dass dies mit unserer derzeitigen Form des Fortbewegens – unter Schmerzen Staksen/Stapfen – eigentlich unmöglich sei. Wir entschieden uns deshalb, Schmerztabletten zu nehmen. Dies in Kombination mit dem Schuhwechsel und einer ausgiebigen “Dehn-Session” ermöglichte es – zumindest mir – wieder, richtig zu gehen und mich schneller als 2 bis 3 km/h fortzubewegen.

So gestärkt und erbaut machten wir uns auf, die letzten beiden Etappen über 14 km zu absolvieren. Die Stimmung war hervorragend und das Laufen klappte wieder recht gut. Einzig der Schlafmangel machte weiterhin bemerkbar. Ich hatte ständig während des Laufens Sekundenschläfe und verschlief längere Abschnitte der vorletzten Etappe regelrecht. Selbst Linn – wie zuvor erwähnt unsere “Hyperaktive” – merkte plötzlich an, dass sie “kaputt gespielt” und müde sei.

Mit Zucker und Kakao (in Form von Schoko– und Müsliriegeln) kämpften wir jedoch erfolgreich gegen die Müdigkeit an und erreichten schließlich um 12.38 Uhr nach 29 Stunden und 8 Minuten das Ziel in Osterode. Unter frenetischem Beifall unserer Supporterinnen und der Gäste passierten wir zum letzten mal den Zeitmesser, durften danach dem berüchtigten Peter Imhof die Hand schütteln und bekamen jeder eine Medaille für unsere Leitungen überreicht.

Anschließend nahmen wir ein gemeinsames Getränk und wurden dann von unseren Supporterinnen sicher nach hause gefahren. Wenn man bedenkt, dass diese selbst die ganze Nacht unterwegs waren, um uns an den entsprechenden Checkpoints zu betreuen, und deshalb nur sporadisch schlafen konnten, eine beachtenswerte Leistung.

Abschließend kann man einige Punkte festhalten:

  • Der Trailwalker ist eine tolle Sache. Ich kann jedem nur empfehlen, es mal mit zu machen. Wichtig ist jedoch gute Vorbereitung, gutes Schuhwerk, guter Support und regelmäßiges Dehnen während des Laufs (durchaus alle 10 km!).
  • Die zwei Personen für den Support wollen wohl bedacht gewählt sein – der Unterschied zwischen einem Checkpoint mit den beiden Supporter/innen und ohne, ist enorm groß. Gerade zum Schluss ist der persönliche Support extrem aufbauend und wichtig.
  • Das Publikum ist großartig – scheinbar wusste jeder in Osterode und drum herum, was da für eine Veranstaltung lief und war begeistert. Überall an der Strecke standen Menschen und haben einem applaudiert, was besonders am Anfang des Laufs sehr grotesk war, wo man faktisch noch nichts geleistet hatte.
  • Die von Oxfam organisierte Betreuung während des Laufs ist super. Abgesehen von dem Faux–Pas mit der zu geringen Kartoffelsuppenmenge, war alles einwandfrei. An jedem Checkpoint waren Freiwillige, die einem mit Wasser und Heißgetränken versorgten. Viele lokale/regionale Vereine unterstützten die Betreuung und zusätzlich sorgten Johanniter, das DRK und

    das THW dafür, dass an den Checkpoints immer Infrastruktur und ärztliche Versorgung gegeben war.

Das ist die Geschichte unserer Trailwalker-Teilnahme. Wie gesagt, denkt ernsthaft darüber nach, mitzumachen. Ich selbst, der bei Kilometer 80 gesagt hat, dass er so einen “Scheiß” nie wieder im Leben mache werde, spiele mit dem Gedanken, 2012 wieder an den Start zu gehen.

Schließlich kann man an der Zeit sicherlich noch etwas verbessern :–)

5 Kommentare zu "Oxfam Trailwalker 2011 – Ein Rückblick"

  1. Britta

    Hast du schön geschrieben, Emu! Meine Lieblingsstelle ist "...und reichte eine Salzbrezel." Das entspricht genau der Tatsache, aber es ist soooo witzig 😀

  2. Sven

    Respekt!
    Das habt ihr echt die Grenzen eurer Ausdauer und Leidenstoleranz ausgelotet.

    Sören wird sich jetzt wohl häufiger die "Herr Lehmann"-Zitate anhören müssen 😉 :
    "Die Dehydrierung ist der größte Feind des Trinkers."
    "Denkt an die Elektrolyte!"

  3. Choco

    Respekt
    Aber was hatte hier an gepack mit also n tagesrucksack oder gar nichts?

  4. Linn

    @Choco: Wir hatten nur kleine Rucksäcke mit Wasser, kleinen Snacks und evtl ne Regenjacke und oder 2. Lage dabei. An den Checkpoints an denen unsere beiden Unterstützerinnen waren, konnten wir auf anderen Kram zugreifen und mussten den nicht durch den ganzen Harz tragen. Es gab aber auch andere Teams die z.B. gejoggt sind - die hatten dann nur Wasser dabei...

  5. Choco

    Danke für die Auskunft und ich finde das echt klasse das ihr das gemacht habt

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